Die Theater-AG des LMGs spielt wieder: Shakespeare. Unter der Leitung von Katy Moser und Anselm Shah hat die Theater AG an drei Tagen (23./24. und 25.3.2023) vor begeistertem Publikum das eher weniger bekannte Stück „Timon von Athen“ von William Shakespeare in die heutige Zeit geholt. Es gelang der AG damit zu zeigen, dass diese erste autorisierte Fassung, die ziemlich genau vor 400 Jahren in der ersten Gesamtausgabe von Shakespeares Dramen erschien, nicht an Brisanz verloren hat. Denn das Thema „Freundschaft“ kommt in all seinen Höhen und Tiefen, Erwartungen und Dramen nicht aus der Mode.
Man begebe sich nach Athen: Die höhere Gesellschaft schart sich um die reiche Timon, gekonnt und wortgewandt gespielt von Luise Fischer, um sich in ihrem Reichtum zu sonnen und medienwirksam mit allerlei Selfies, wie zur heutigen Zeit, zu inszenieren. Sie gibt üppige Gastmähler, die allzu gerne von ihren sogenannten Freunden, den Athener Lords und Ladys (Karin Zeitz, Jessica Hettich, Finn Tscherter, Anna Röber, Marit Zeitz), sowie von Künstlern und Kaufleuten (Yoana Dimova, Lena Sautter, Neema Krömer, Isa Wolf) besucht werden. Denn Timon zeigt sich äußerst großzügig und lässt sich dafür umschmeicheln.
Die Aufmerksamkeiten fallen so üppig und verschwenderisch aus, dass die Philosophin Apemantus, sehr überzeugend gespielt von Mara Feil, nichts als zynische Scheltreden für Timon übrig hat.
Wieder im Jetzt erfolgt per Social Media die verzweifelte Einspielung der Verwalterin Flavius (Hanna Laures) und sie lässt ahnen, dass die Dinge nicht so gut stehen. So kommt es, wie es kommen musste: Timon wird letztlich von den Senatoren (Freddy Kurras, Marit Zeitz, Lisa Lenhart) in die Zahlungsunfähigkeit getrieben, denn die schicken ihre unnachgiebigen Diener (Lilly Nothdurft, Oumou Siby, Tristan Manske, Isa Wolf), um ihre Kredite zurückzufordern.
Sie hofft auf die Unterstützung ihrer vermeintlichen Athener Freunde, doch diese lassen die geschickten Diener (Neema Kröner, Sina Tiltmann, Julius Legemann) mit fadenscheinigen Vorwänden abblitzen, während die Gerüchteküche brodelt.
Timon erkennt die Heuchelei ihrer Gefährten und beschließt, ein letztes Mahl zu geben, an dessen Ende sie die „Freunde“ persönlich aus dem Haus treibt.
Sie zieht daraufhin einsam und alleine in die Wildnis, um dort ihr Leben zu beenden.
Es folgt der Szenenwechsel in den Wald. Die Hauptakteure tauchen nochmals bei ihr auf, auch Apemantus sowie die Athener Lords und Ladys, die Wind von einem zufälligen Goldfund Timons im Wald bekommen haben.
Doch Timon bleibt verbittert und trägt ihrer Freundin, der Kriegerin Alkibiades (Nadja Veit) den Rachefeldzug gegen Athen auf, woraufhin auch die Senatoren um die Heimkehr Timons flehen. Per Video verkündet Alkibiades, Athen dem Erdboden gleichzumachen. Die Informationsflut überschlägt sich, kurz darauf erscheint der Tweet: „Timon ist tot“, woraufhin der Krieg beendet wird.
Der Theater-AG gelingt es, das Theaterstück „Timon von Athen“ auf eindrucksvolle Weise in unsere schnelle und medienbegleitete Zeit zu holen. Parallel zur Handlung erfolgen Einspielungen und Infos per Screen, schon vorab konnte man sich per Link auf die Suche nach Fragen zur Handlung machen.
Quasi in Echtzeit überschlagen sich die Tweets und die Akteure kommen nicht nur auf der Bühne, sondern mittels Leinwand zum Zuschauer, so braucht man nicht selbst das Handy zu zücken.
Das funktioniert gut, denn längst sind wir alle für derlei Informationsform konditioniert.
Das Bühnenbild ist äußerst minimalistisch, auch Accessoires braucht es kaum. Die Namen der Athener Gesellschaft bleiben wie in Shakespeares Fassung bestehen, es folgt keine geschlechterspezifische Anpassung. Obwohl es so viel um Schein und Sein geht, bleibt der Prunk, abgesehen von der Kleidung und Maske (Marie Ernst), draußen. Der Fokus rückt viel mehr auf die Ausdrucksstärke und Schauspielkunst der SchülerInnen; gut in Szene gesetzt durch die Licht- und Ton-AG unter der Leitung von Veronica Paar.
Vielen Dank an die Theater-AG für diesen kurzweiligen, unterhaltsamen Abend über die Abgründe von Freundschaften. Die Fragen bleiben: was ist wahre Freundschaft und wie weit geht sie, wie viel erträgt Freundschaft und wann war es nur der bloße Schein in guten Zeiten.
„Wozu hätten wir Freunde nötig, wenn wir sie nie nötig hätten?“ – William Shakespeare
Bericht: Michaela Lichtenberg
Bilder: Jacqueline Bleistein